Landesspecial WS 05/2013 - page 41

Personal & Fachkräfte
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Thüringen ist gestresst. Wie der Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt,
sind es nicht nur Arbeitspensum, ständige Erreichbarkeit und Überstunden, die für Stress un-
ter Berufstätigen sorgen, sondern vor allem die Verhältnisse, unter denen sie arbeiten.
Besonders diejenigen leiden unter psychischen Belastungen, die befristet, in Teilzeit oder in
Leiharbeit beschäftigt sind, sowie diejenigen, die durch Familie und Beruf mehrere Rollen
gleichzeitig erfüllen müssen. Insgesamt haben sich psychisch bedingte Fehlzeiten seit 2006
in Thüringen fast verdoppelt.
TK-Gesundheitsreport: Stress
entsteht durch Arbeitsverhältnisse
Guido Dressel, Leiter der TK-Landesver-
tretung Thüringen: „Es wird derzeit viel
diskutiert, wie sich die hektische Ar-
beitswelt weniger stressig gestalten
lässt. Unser Bericht zeigt aber, dass es
vor allem die Lebenssituation der Be-
schäftigten ist, die sie belastet. Sind
Arbeitsverhältnisse befristet oder ist die
finanzielle Situation aufgrund von Teil-
zeit oder Leiharbeit angespannt, belas-
tet das die Betroffenen.“ Männer leiden
offenbar besonders unter unsicheren
Beschäftigungsverhältnissen, auch das
zeigt der TK-Report: Teilzeitbeschäftig-
te Männer sind mit durchschnittlich 1,9
Fehltagen pro Kopf deutlich mehr von
psychischen Diagnosen betroffen als
Vollzeitbeschäftigte (1,4 Tage).
„Viele Beschäftigte arbeiten nicht frei-
willig in Teilzeit, sondern weil ihnen
nicht mehr angeboten wird oder weil
sie eine höhere Arbeitszeit nicht mit ih-
ren familiären Verpflichtungen verein-
baren können“, erläutert Dressel. Er for-
dert deshalb zur Prävention seelischer
Belastungen auch kreative Beschäfti-
gungslösungen. „Kein Unternehmen am
internationalen Markt kann es sich leis-
ten, E-Mails nach 20 Uhr deutscher Zeit
nicht zu beantworten. Aber wir brau-
chen Rahmenbedingungen für eine fle-
xiblere Arbeitsorganisation. Dank mo-
derner Kommunikationsmittel haben
wir viele Möglichkeiten dazu. Wenn die
Beschäftigten zudem eine wertschät-
zende Führung, eine existenzsichernde
Perspektive und die Möglichkeit be-
kommen, Beruf, Kinderbetreuung und
Pflege zu vereinbaren, stehen sie auch
weniger unter Druck.“
Eine Investition in Betriebliches Ge-
sundheitsmanagement (BGM) rechnet
sich für die Unternehmen: Die Depres-
sion steht unter den Fehlzeitenursa-
chen in Thüringen inzwischen auf Platz
drei, bundesweit sogar auf dem Spit-
zenplatz. Eine Krankschreibung auf-
grund dieser Diagnose dauert im
Schnitt 58 Tage. „In einem Unterneh-
men mit 350 Beschäftigten fehlen jähr-
lich fünf Mitarbeiter wegen einer Dep-
ression“, so Dressel. „Lohnfortzahlung
und Produktivitätsausfall kosten das
Unternehmen allein für diese Diagnose
etwa 75.000 Euro.“
Der TK-Gesundheitsreport ana-
lysiert die Krankschreibungen
und Arzneimitteldaten der 3,91
Millionen bei der TK versicher-
ten Erwerbspersonen. Dazu zäh-
len sozialversicherungspflichtig
Beschäftigte und Empfänger von
Arbeitslosengeld I. Für Thürin-
gen wurden die Daten von über
56.000 TK-Versicherten aus-
gewertet. Der Gesundheitsreport
Thüringen ist online mit dem
Webcode 013994 zu finden.
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Hintergrund:
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