Landesspecial WS 05/2013 - page 35

Personal & Fachkräfte
35
Sie ist silbern und sie ist Zeichen dafür, dass sich Tobias Bornschein in einem
22 Stunden währenden Wettbewerb gegenüber elf der weltweit besten Poly-
mechaniker behaupten konnte. Der 22-jährige Facharbeiter aus dem Thüringer
Viega-Werk Großheringen erkämpfte sich bei den 42. Berufsweltmeisterschaf-
ten „WorldSkills Leipzig 2013“ eine Silbermedaille in der Sparte Polymechanik.
Silber für Thüringer
Industriemechaniker
Die Berufsweltmeisterschaften World-
Skills sind das weltweit größte Bil-
dungsevent, bei dem sich im Zwei-
Jahres-Rhythmus Auszubildende und
junge Facharbeiter bis 22 Jahre in ver-
schiedenen Berufsbildern messen. Die-
ses Jahr fand die 42. „WM der Berufe“
vom 2. bis 7. Juli in Leipzig statt – und
damit nach 40 Jahren wieder einmal in
Deutschland. Insgesamt kämpften über
1.000 Teilnehmer in 46 Disziplinen.
Allein das deutsche Team zählte 41
Teilnehmer, die in 36 Berufsbildern an-
traten. Der gelernte Werkzeugmacher
Tobias Bornschein hatte sich beim
deutschen Vorausscheid bereits den
Titel „Deutscher Meister der Polyme-
chanik“ erkämpft und vertrat Deutsch-
land gegenüber elf internationalen
Mitstreitern, darunter Wettbewerber
aus Brasilien, Australien, Japan und
Kolumbien.
Während in einigen Berufsfeldern die
Wettbewerbsteilnehmer ihre Aufgaben
bereits beim Vorbereitungstreffen mit-
geteilt bekamen, lüftete sich für Tobias
Bornschein das Geheimnis erst vor Ort:
Es galt, ein voll funktionsfähiges Modell
eines Pressautomaten herzustellen, in
exakt 22 Stunden. Daher hieß es im
Akkord drehen, fräsen, montieren, ver-
kabeln und programmieren. Jede einzel-
ne Komponente musste der Industrie-
mechaniker selbst herstellen – unter
den wachsamen Augen von tausenden
Zuschauern, der Jury und den Kameras
internationaler Medienvertreter. Tobias
Bornschein zeigt sich erleichtert: „Das
waren tolle, aber auch sehr anstrengen-
War denn die Stimmung in Leipzig
wirklich olympisch?
„Doch, ja, das kann man sagen. Es war wirklich ’ne
ganze Menge los. Ganz viele Zuschauer, das hät-
te ich so nicht erwartet. Bei mir im Hotel haben
auch jede Menge Berufskollegen aus dem Aus-
land gewohnt. Da gab es schon mal das eine oder
andere Gespräch. Also alles in allem eine wirklich
tolle Atmosphäre.“
Wer kam eigentlich auf die Idee,
Sie für die Olympiade zu melden?
„Das war mein alter Lehrmeister Manfred Re-
chenbach. Dazu muss ich sagen, dass es bei uns
in der Firma Tradition ist, sich an den Berufswett-
bewerben zu beteiligen. Die Lehrmeister schau-
en von Anfang an, wer’s drauf hat und wer viel-
leicht ein bisschen besser ist, als die anderen.
Wer manche Sachen halt schneller begreift. Naja,
und das war dann eben ich.“
Und wie war der Empfang zurück
im Unternehmen?
„Der war richtig toll. Meine großen Chefs haben
mich sogar in den Hauptsitz der Firma nach At-
tendorn eingeladen. Die wollten alles ganz genau
wissen, wie das so abgelaufen ist und wie die
Stimmung war.“
Gab’s auch eine Anerkennung?
„Oh ja, das hat mich echt überrascht! Einen
Werkzeugwagen mit richtig gutem Werkzeug –
natürlich für mich privat. In der Werkstatt haben
wir ja alles. Ich schraube halt auch in meiner
Freizeit gerne.“
Ihre Aufgabe war es, in nur 22 Stunden ein voll
funktionsfähiges Modell eines Pressautomaten
herzustellen. Wie praxisnah ist das?
„Sehr praxisnah. Sowas muss man schon häufiger
machen, besonders, wenn man in Konstruktions-
abteilungen ist. Als Werkzeugmacher konstruiert
man ja Lösungen für Probleme, die unsere Kun-
den haben. Da braucht man auch Vorstellungs-
kraft, wie so eine Lösung aussehen kann.“
Sie sind Werkzeugmacher. Ist das für Sie
ein Beruf mit Zukunft? Wie sieht
Ihre Zukunftsplanung aus?
„Werkzeugmacher ist für mich wirklich ein toller
Beruf. Das ist das Richtige für jemanden, der was
mit den Händen machen will. Ich selbst arbeite
hier bei uns in der Lehrwerkstatt. Demnächst will
ich meinen Techniker oder meinen Meister ma-
chen und auf jeden Fall noch meine Ausbilder-
Eignungsprüfung.“
Text und Interview: Torsten Laudien, Foto: Viega
de Tage. Ich freue mich riesig, dass ich
mit einer Silbermedaille nach Hause
komme.“
Chris Beck, Leiter der Lehrwerkstatt im
Viega-Werk Großheringen, hat mit sei-
nem jungen Mitarbeiter in Leipzig mit
gefiebert: „In dieser Extremsituation hat
Tobias Bornschein Nervenstärke, Fin-
gerfertigkeit und Know-how bewiesen.
Als gelernter Industriemechaniker hat-
te er es in der Sparte Polymechanik un-
gleich schwerer als Teilnehmer aus an-
deren Ländern, denn Polymechanik ist
in Deutschland kein Ausbildungsberuf.“
Das zusätzliche Know-how in den Fel-
dern Zerspanung, Elektronik und Pro-
grammierung hatte sich Tobias Born-
schein in der hausinternen Lehrwerk-
statt des Thüringer Viega-Werks mit
Unterstützung des gesamten Teams er-
arbeitet. In dieser „Talentschmiede“ be-
sitzt man reichlich Erfahrung mit den
Anforderungen in diesem Berufsbild:
„Vier deutsche Meister, einen Weltmeis-
ter und mit Tobias jetzt zwei Vizewelt-
meister der Polymechanik haben wir
schon auf ihren Wegen begleitet“, fasst
Chris Beck die Erfolge zusammen.
.
Im Gespräch mit Tobias Bornschein
.
.
Tobias Bornschein
.
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...52
Powered by FlippingBook